„Wir sollten nicht zurückfallen in die alten Muster“

„Wird Homeoffice das neue Normal?“ war die Frage der bidt Werkstatt digital, die zeigt: Es gilt aus den Erfahrungen der vergangenen Monate zu lernen, neue Formen mobilen Arbeitens zu erproben, passende Konzepte zu entwickeln und Kompetenzen zu stärken.

Die Expertinnen und Experten bei der bidt Werkstatt digital waren sich einig, dass Homeoffice die Arbeit im Büro nicht komplett ablösen kann.

„Wir sollten auf keinen Fall zurückfallen in die alten Muster, die ja teilweise von Verweigerung und Unterschätzung der Möglichkeiten geprägt waren. Aber wir sollten auch nicht alles zu 100 Prozent virtuell machen, weil wir soziale Interaktion brauchen“, sagte Professor Dietmar Harhoff bei der bidt Werkstatt digital „Homeoffice – das neue Normal?“. Der bidt-Direktor war einer der Expertinnen und Experten der Podiumsdiskussion über die Veränderungen der Arbeitswelt infolge der Corona-Pandemie.

Dr. Roland A. Stürz stellte die Ergebnisse einer Folgebefragung der Homeoffice-Studie des bidt vor. Bereits zu Beginn der Corona-Pandemie hatte die Studie des bidt gezeigt, dass die Nutzung von Homeoffice gestiegen und die Zufriedenheit damit hoch ist. Dies bestätigte sich in der aktuellen Befragung, die im Juni erhoben wurde. Demnach sind 85 Prozent der Beschäftigten mit Homeoffice zufrieden, 69 Prozent wünschen sich, dass sie auch weiterhin die Möglichkeit haben, im Homeoffice zu arbeiten.

An der daran anschließenden Diskussion nahmen neben Dietmar Harhoff auch bidt-Direktor Professor Andreas Boes, Dr. Rahild Neuburger von der Ludwig-Maximilians-Universität München, Jens Prietzel von der IG Metall Bayern sowie Miriam Wohlfahrth, Geschäftsführerin und Gründerin des Unternehmens Ratepay, teil.

Die Ergebnisse der Diskussion

  •  Die Coronakrise hat einen Digitalisierungsschub in Deutschland ausgelöst.
  •  Homeoffice ist eine Chiffre für Möglichkeiten mobilen Arbeitens, nicht nur von zuhause.
  •  Die Präsenzkultur, die in Deutschland lange vorgeherrscht hat, hat sich geändert.
  •  Remote-Work kann das Miteinander am Arbeitsplatz nicht ersetzen. Die Zukunft liegt in einem Wechsel mobilen Arbeitens und Präsenz im Büro.
  • Es kommt darauf an, die Erfahrungen der vergangenen Wochen als Chance zu sehen und daraus zu lernen, und nicht wieder in den Modus von vor Corona zurückzukehren.
  • Es gilt nun, an den Konzepten zu arbeiten, wie sich virtuell gut zusammenarbeiten lässt, und die Prozesse entsprechend anzupassen.
  • Die Erfahrungen mit Homeoffice werden weitreichende Auswirkungen haben, zum Beispiel auf den Immobilienmarkt.
  • Es geht nicht nur um digitale Kompetenzen, auch soziale Kompetenzen wie Eigenverantwortung sind entscheidend.

Während der Diskussion brachten die Teilnehmenden der Werkstatt auf einer digitalen Pinnwand Fragen ein, kommentierten und tauschten sich dort zum Thema Homeoffice aus. So schrieb ein Teilnehmer: „Nach Wochen im Homeoffice fehlt einem der persönliche Austausch mit den Kolleginnen und Kollegen“. Ein anderer Kommentar lautete: „Wir sollten es einfach weiter tun (Homeoffice).“

bidt Werkstatt digital #1 – Homeoffice:

bidt Studie:

Statements der Expertinnen und Experten:

Miriam Wohlfahrth, Ratepay:

„Corona hat bestehende Arbeitsstrukturen und Prozesse auf den Prüfstand gestellt und für eine Digitalisierung der Arbeitswelt gesorgt. Diese war längst überfällig! Den einfachen Switch zurück zum klassischen Büroalltag wird es meiner Meinung nicht geben. Das gilt zumindest für die Digitalbranche.“

Prof. Andreas Boes, bidt:

In diesem großen Feldversuch der Coronakrise haben sich die Menschen einen neuen Zugang zur Digitalisierung erschlossen.

Dr. Rahild Neuburger, LMU:

„Corona wird die Arbeitswelt nachhaltig verändern. Allerdings glaube und hoffe ich, dass nicht Homeoffice, sondern selbstbestimmte alternierende Arbeitsformen zwischen Homeoffice, mobilem Arbeiten und Arbeiten vor Ort das neue Normal werden. Dass Homeoffice jetzt so gut funktioniert hat, lag meines Erachtens daran, dass in der physischen Präsenz im Vor-Corona-Arbeitsleben das dafür notwendige Vertrauen aufgebaut werden konnte. Gäbe es nur noch Homeoffice, wird dies auf Dauer schwierig zu realisieren sein.“

Prof. Dietmar Harhoff, bidt:

„Homeoffice ist nicht nur eine Frage der Organisationskultur. Sie führt auch zu neuen Führungskonzepten, stärkt die Digitalisierung und dadurch die Innovationsfähigkeit.“

Jens Prietzel, IG Metall Bayern:

„Digitalisierung wird die Arbeitswelt an vielen Stellen nachhaltig verändern, die pandemiebedingten Umstellungen in den Betrieben wirken hier wie Trendbeschleuniger. Regelmäßiges mobiles Arbeiten – auch von zu Hause aus – wird künftig für einen größeren Teil der Beschäftigten zum normalen Bestandteil der betrieblichen und individuellen Arbeitsorganisation werden. Gute mobile und digitale Arbeit ist dann möglich, wenn soziale Schutzrechte und Freiheitsgrade der Beschäftigten gesichert und betriebliche Führungskulturen zeitgemäß weiterentwickelt werden.“