Wettlauf um KI

Wo steht Deutschland bei der Entwicklung Künstlicher Intelligenz? Und was sind die drängenden Fragen? Das bidt bringt bei einer Veranstaltung Perspektiven aus Deutschland und China zusammen.
Blick durchs Smartphone auf das Podium der bidt-Veranstaltung

Foto: bidt/Klaus D. Wolf

Im internationalen Vergleich ist die Ausganssituation Chinas bei der Entwicklung Künstlicher Intelligenz derzeit besser als in Deutschland. Das zeigen Untersuchungen wie die der Cambrian Group, die im Auftrag der Konrad-Adenauer-Stiftung im Jahr 2018 nationale KI-Strategien verglichen hat. Demnach sind die USA und China weltweit führend bei den Voraussetzungen für Künstliche Intelligenz, der Forschung und Entwicklung sowie der Kommerzialisierung von KI.

Das ist auch dem Großteil der Gäste der Veranstaltung „Wettlauf um KI“ bewusst, zu der das bidt am 21. November 2019 in die Bayerische Akademie der Wissenschaften eingeladen hatte. Die Ergebnisse der Saal-Umfrage zeigten: 48 Prozent sehen die USA vorn, 38 Prozent China und nur drei Prozent Deutschland.

International besetztes Podium

Was sich hinter diesen Zahlen verbirgt, zeigt ein Buch, das in China derzeit Bestseller-Listen erobert: Unter dem Titel „The Brain and AI“ haben der deutsche Ingenieur Karl Schlagenhauf und der chinesische Gehirnforscher Fanji Gu ihren langjährigen Briefwechsel veröffentlicht, in dem sie sich über die Entwicklung und Möglichkeiten von KI austauschen.

bidt-Fachvortrag im Vorfeld der Veranstaltung

bidt/Klaus D. Wolf

Karl Schlagenhauf nahm auch an der international besetzten Podiumsdiskussion des Abends teil, die von bidt-Direktoriumsmitglied Professor Dietmar Harhoff moderiert wurde.  Rafael Laguna de la Vera, Direktor der Agentur für Sprunginnovationen, Amanda Song, Consultant bei der Asian Infrastructure Investment Bank, Dr. Denise Vandeweijer von der appliedAI-Initiative der UnternehmerTUM und Professor Pei Wang von der Temple University, der zuvor bei einem Fachvortrag seine Forschung zu Intelligenz und KI vorgestellt hatte, ergänzten die Diskussionsrunde.

Was kann Deutschland von China lernen? „Tempo!“

Dietmar Harhoff startete die Diskussion mit Fragen aus dem Publikum: Was bremst die Entwicklung von Künstlicher Intelligenz in Deutschland? Und was kann Deutschland von China lernen? „Tempo“, antwortete Karl Schlagenhauf prompt.

„Wir haben es in Deutschland seit dem Auto nicht mehr geschafft, eine Sprung-Innovation zu machen. Zwar haben wir vieles erfunden, aber der wirtschaftliche Nutzen hat das Land verlassen“, sagte Rafael Laguna. Es gehe darum, Forschungsergebnisse schneller umzusetzen und gesellschaftlich und wirtschaftlich zu nutzen.

Was macht Chinas Stärke aus?

Was ist nötig, damit Deutschland bei der Entwicklung von Künstlicher Intelligenz schneller ist? Ist es alleine eine Sache des Geldes?, lautete eine Frage aus dem Publikum.

Einen Einblick in die Fördersummen, die China in die Entwicklung Künstlicher Intelligenz steckt, hatte Dr. Roland Stürz, Leiter des Think Tank am bidt, in seinem vorangehenden Impulsvortrag gegeben. Demnach sind die exakten Zahlen zwar schwierig zu recherchieren, allerdings lassen allein die Investitionssummen einzelner Städte wie Peking mit 1,8 Milliarden für einen KI-Park oder Tianjin mit einem KI-Fund von rund 13 Milliarden Euro massiven Kapitaleinsatz vermuten. Demgegenüber erscheinen die Zahlen der KI-Strategie in Deutschland vergleichsweise bescheiden: 3 Milliarden will Deutschland bis 2025 investieren, wobei es auch noch Förderungen auf Länderebene und auf Ebene der Europäischen Union gibt.

Aber Geld allein, so Laguna, helfe nicht. „Sicherlich kann man hervorragende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gewinnen. Geld kann ein Anreiz sein. Aber Geld ist nur ein Teil. Wir müssen ein Umfeld schaffen, das Exzellenz fördert.“

Daten und Fragen nach der Ethik
Veranstaltung mit Podiumsdiskussion des bidt: Wettlauf um KI

Foto: bidt/Klaus D. Wolf

In dem von Roland Stürz vorgestellten Cambrian KI Index geht es auch um unterschiedliche Verfügbarkeit von Daten: So hat China gewisse Vorteile durch circa 730 Millionen chinesische Internetnutzer und damit einhergehender riesiger Datenpools bei chinesischen Technologieunternehmen. Das Publikum griff in seinen Fragen den „Nachteil in der Datengewinnung auf“, thematisierte neben Wettbewerbsfragen aber zugleich die ethischen Aspekte – und lieferte damit den Anstoß zu einem spannenden Austausch.

So verwies auf dem Podium Denise Vandeweijer darauf, dass die Perspektiven auf KI eine jeweils andere sei: Während in China die Entwicklung und deren Möglichkeit im Vordergrund stehe, gehe es in Deutschland häufig vorrangig um die Ethik. „Beschäftigen wir uns zuviel damit, was schiefgehen kann, statt mit dem, was positiv möglich ist?“, lautete auch eine Überlegung aus dem Publikum.

„Die Sorgen sind da. Das sehe ich an den Fragen“, wand Moderator Dietmar Harhoff ein.

Amanda Song verwies darauf, dass China bereits mit Blick auf die internationalen Märkte erhöhte Anstrengungen bei der ethischen Gestaltung von KI zeige. Könnte es also ein Wettbewerbsvorteil sein, ethisch korrekte Systeme zu bauen?, folgerte Rafael Laguna.

„Wir müssen viel unter einen Hut bringen, um beim KI-Wettlauf mithalten zu können, ohne unsere ethischen Standards zu verraten.“

“Daten sind wichtig, aber wir müssen uns auf die Vorteile besinnen, die wir haben“, fasste Dietmar Harhoff die Diskussion zusammen. „Klar geworden ist: Wir müssen viel unter einen Hut bringen, um beim KI-Wettlauf mithalten zu können, ohne unsere ethischen Standards zu verraten.“

Dass dafür auch mehr Wissen über die neuen Technologien nötig ist, zeigten die Nachfragen aus dem Publikum nach Möglichkeiten der Weiterbildung in Unternehmen und für bestimmte Zielgruppen. Karl Schlagenhaufs Appell zu Beginn der Podiumsdiskussion war bei der bidt-Veranstaltung auf große Zustimmung getroffen: „Lasst uns alle viel Ahnung von Künstlicher Intelligenz haben!“

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